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Düsteres Wirtschaftsklima: Das fordern die steirischen Industriekapitäne

Die Wirtschaftslage in der Steiermark ist düster. Das zeigen zumindest Analysen der Industriellenvereinigung Steiermark: Konkret geht die IV von einer deutlichen Verschlechterung in der industriellen Wertschöpfung im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr aus. Zudem weisen alle Indikatoren der zuletzt erschienenen IV-Konjunkturumfrage darauf hin, dass von diesem bereits niedrigen Niveau aus im ersten Halbjahr 2024 eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation erwartet wird. Wie die Situation tatsächlich aussieht: ein Rundruf unter steirischen Industriekapitänen.
Ein Überblick über die aktuellen Daten und die allgemeine Stimmung zeigt, dass lediglich 26 Prozent der Unternehmen derzeit eine positive Geschäftsentwicklung verzeichnen. Dies markiert den tiefsten Stand seit dem Beginn der Pandemie. Ein ähnliches Szenario ergibt sich bei der Betrachtung der Gewinnsituation: 28 Prozent der Unternehmen berichten über aktuelle Schwierigkeiten in Bezug auf ihre Erträge – ein Wert, der vergleichbar mit den Ergebnissen der IV-Umfrage während der Covid-19-Krise im Jahr 2020 ist.

Zeigt sich ob der industriellen Entwicklung sehr kritisch: MFL-Geschäftsführer Herbert Decker (Foto: InStyle)

Mit einer insgesamt fast 20 %igen Personalkostensteigerung nach zwei Kollektivvertragsabschlüssen innerhalb von nur zwölf Monaten haben Vernunft und Verantwortung für den Industriestandort Österreich abgedankt.

Herbert Decker, Maschinenfabrik Liezen und Gießerei (MFL)

Dem Negativtrend folgend findet Herbert Decker, Geschäftsführer der Maschinenfabrik Liezen und Gießerei (MFL), drastische Worte: „Mit einer insgesamt fast 20 %igen Personalkostensteigerung nach zwei Kollektivvertragsabschlüssen innerhalb von nur zwölf Monaten haben Vernunft und Verantwortung für den Industriestandort Österreich abgedankt. Wer glaubt, diese Millionen Euro an Mehrbelastung – wie es etwa bei uns der Fall ist – könnten im globalen Wettbewerb an die Kunden weitergegeben oder aus überbordenden Gewinnen herausbezahlt werden, hat schlichtweg keine Ahnung. Dieser Irrglaube führt zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie.“

Decker geht sogar davon aus, dass dies „vielen Unternehmen die Existenz kosten und zigtausende Arbeitsplätze in Billiglohnländer verschoben werden“. Das einzige Gegenrezept laut MFL-Manager Decker: „Umit innovativen Produkten in Nischen weiter zu bestehen, bedarf es Produktivitätszuwächsen in den Betrieben sowie einer sofortigen und drastischen Reduktion der Lohnnebenkosten.“

Marienhütte-Geschäftsführer Markus Ritter ortet akuten Handlungsbedarf der öffentlichen Hand im Bereich am Energiesektor (Foto: Mathias Kniepeiss)

Wir werden auf diesem bescheidenen Niveau wohl noch eine Zeit lang bleiben.

Markus Ritter, Marienhütte

Ähnlich düster ist der Ausblick von Markus Ritter, Geschäftsführer des Stahl- und Walzwerk Marienhütte in Graz (300 Mitarbeiter): „Ich glaube und hoffe, dass wir den Boden erreicht haben. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Dieser Zustand wird sich in absehbarer Zeit nicht dramatisch ändern. Wir werden auf diesem bescheidenen Niveau wohl noch eine Zeit lang bleiben. Eine glorreiche Renaissance – wie nach der Pandemie – sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.“ Als Gründe führt der Geschäftsführer die inflationsbedingt stark gestiegenen Zinsen an, „die den für uns wichtigen Bausektor bremsen“.

Strompreiskompensation wird gefordert

Das Mengenvolumen sei – vom Investor bis zum Zulieferbetrieb – „stark zurückgegangen“. Hinzu würden hausgemachte Standortnachteile kommen – allen voran im Bereich der Energiekosten, so Ritter: „In beinahe allen EU-Mitgliedsländern gibt es bis 2030 die – von der EU-Kommission zugelassene – Strompreiskompensation, eine Unterstützungsmaßnahme, um zu verhindern, dass CO2-intensive Industrien ins Nicht-EU-Ausland abwandern. Nur in Österreich gibt es die Strompreiskompensation nicht, weil sie als politisches Faustpfand eingesetzt wird. Auch die vor einigen Jahren eingeführte Strompreiszonentrennung – der deutsche und österreichische Markt wurden künstlich getrennt – schlägt sich für die österreichische Industrie teuer zu Buche. Zu einem weiteren großen Wettbewerbsnachteil avancieren die stetig steigenden Lohnkosten: Wir hatten zuletzt einen sehr hohen KV-Abschluss, der nur mit einer dramatischen Lohnnebenkostensenkung verkraftbar sein wird. Auch da sind wir – im Vergleich zum Resteuropa – stark benachteiligt.“ 

Sucht Heil in der Anpassung und neuen Ansätzen: Mathias Varga von Sonnenschutzproduzent Woundwo (Foto: WOUNDWO)

Wir sind überzeugt, dass gerade in schwierigen Zeiten die Möglichkeit besteht, sich durch Innovationskraft und Flexibilität von der internationalen Konkurrenz abzuheben.

Mathias Varga, Woundwo

Mathias Varga, internationaler Vertriebsleiter von Sonnenschutzproduzent Woundwo (mit Sitz in Gabersdorf und Graz, 300 Mitarbeiter), will sich nicht unterkriegen lassen – trotz etlicher Herausforderungen: „Steigende Personalkosten, ein rückläufiges Geschäftsumfeld, erhöhte Transportkosten in Folge von globalen Unsicherheiten: Die Herausforderungen sind ohne Zweifel vielfältig. Denn Kopf in den Sand zu stecken, ist keine Lösung. Daher lautet unsere Antwort auf dieses Umfeld: Anpassung. Wir nutzen die derzeitigen Situation, Prozesse zu optimieren und unsere Sonnenschutzprodukte – etwa im Bereich der Bestandssanierung – verstärkt zu platzieren. Wir sind überzeugt, dass gerade in schwierigen Zeiten die Möglichkeit besteht, sich durch Innovationskraft und Flexibilität von der internationalen Konkurrenz abzuheben.“ 

Als industrielles Hightech-Unternehmen spüren wir daher aktuell sogar tendenziell verstärktes Interesse an unseren Produkten und Services – allen voran an Projekten mit künstlicher Intelligenz.

Markus Seme, BearingPoint

Positive Stimmung in der IT

Aus der Reihe tanzt Markus Seme, Geschäftsführer von BearingPoint Austria am Standort Premstätten (200 Mitarbeiter, 6000 in Europa). In der Softwarebranche seien ihm zufolge aktuell sogar konjunkturelle Impulse zu vernehmen. Seine Begründung: „Unternehmen, die aktuell unter Preisdruck kommen, sind versucht, in technologische Lösungen zu investieren. Nur so können Effizienz gesteigert und Wettbewerbsfähigkeit gehalten werden. Als industrielles Hightech-Unternehmen spüren wir daher aktuell sogar tendenziell verstärktes Interesse an unseren Produkten und Services – allen voran an Projekten mit künstlicher Intelligenz. Einen Auftragsrückgang registrieren wir in der Folge nicht – im Gegenteil.“

Ortet aktuell sogar einen Aufwärtstrend: Markus Seme, Mitglied der Geschäftsführung von BearingPoint Austria (Foto: BearingPoint)

Schon Eintrübungen der vergangenen Jahren haben gezeigt, „dass viele der IT- und Technologieanbieter eher krisenresistent sind, weil gerade dann die Nachfrage nach Digitalisierungsprojekten steigt“, so Seme.

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