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MFL: Neues Kreislaufkonzept für Roststäbe erobert Stockholm

Jährlich werden in Europa etwa 70 Millionen Tonnen Müll verbrannt. Die Effizienz des Prozesses ist maßgeblich von Qualität und Beschaffenheit der sogenannten Roststäbe abhängig. Die Stäbe bilden die Plattform, auf der der Müll einer hohen Temperatur ausgesetzt und schließlich verbrannt wird. Vor diesem Hintergrund hat die Maschinenfabrik Liezen und Gießerei (MFL) ein in Europa einzigartiges System zur Kreislaufwirtschaft entwickelt, mit dem die Roststäbe zu 100 % wiederverwertet werden können. Kaum eine Stadt in Mitteleuropa hat das Konzept nicht im Einsatz – und auch in Skandinavien sind die Ennstaler damit erfolgreich.

LIEZEN. Knapp ein Drittel des in Europa anfallenden Abfalls wird thermisch verwertet: Ohne Müllverbrennungsanlagen würde der Kontinent nicht Herr der immer größer werdenden Abfallmengen werden. Wie effizient diese Abfallbehandlungsanlagen arbeiten, hängt entscheidend von den Roststäben ab. Die speziell konstruierten Komponenten aus Edelstahl tragen den Müll während Müllverbrennungsprozesses, ermöglichen gleichzeitig eine effiziente Luftzirkulation und versuchen die Energie möglichst gewinnbringend im System zu halten.

Die Roststäbe von Müllverbrennungsanlagen werden in Transportboxen nach Liezen gebracht und dort wiederaufbereitet. (Credit: Birgit Steinberger)

Das Problem: Die luft- oder auch wassergekühlten Roststäbe sind – obwohl grundsätzlich auf höchste Temperaturen ausgelegt – permanent den extremsten Bedingungen ausgesetzt. Bis zu 1.000 Grad Celsius wirken auf die Stäbe ein.

Nach etwa sechs Jahren ist selbst für die anspruchsvollsten Stäbe Schluss. An dieser Stelle kommt die Maschinenfabrik Liezen und Gießerei (MFL) mit einem in Europa tatsächlich einzigartigen Recycling-Konzept ins Spiel: Die alten Roststäbe werden von der MFL vom Kunden zurückgekauft, eingeschmolzen und in eine neue Gestalt gegossen, ehe sie schließlich zurück ins System gebracht werden. 

Durch dieses innovative Konzept sind wir in der Lage, signifikant zur Reduzierung der Umweltbelastung beizutragen.

Herbert Decker, MFL

„Die Praxis des Rückkaufs und Recyclings dieser Roststäbe hat sich als Erfolgskonzept erwiesen, das nicht nur zur Kreislaufwirtschaft beiträgt, sondern auch unseren Kunden finanzielle und logistische Vorteile bietet. Durch dieses innovative Konzept sind wir in der Lage, signifikant zur Reduzierung der Umweltbelastung beizutragen, indem es den Bedarf an wertvollen Rohstoffen minimiert und gleichzeitig den nahtlosen Kreislauf von hochwertigen Materialien sichert“, erklärt MFL-Geschäftsführer Herbert Decker.

Als Bahnzulieferer und in der Umwelttechnologie auf Schiene: Geschäftsführer Herbert Decker (Foto: Birgit Steinberger)

Verflüssigtes Metall in nur 45 Minuten

Seinen Ausgang hat das MFL-Service bereits in der jeweiligen Müllverbrennungsanlage: Während den turnusartigen Überprüfungsintervallen – in der Regel alle sechs Monate – werden veraltete Roststäbe durch die MFL abmontiert und mit Transportboxen zurück nach Liezen gebracht.

In der Gießerei beginnt der Erneuerungszyklus: Die in etwa sechs Tonnen Edelstahl pro Roststab verschmelzen im Elektrolichtbogenofen – innerhalb von nur 45 Minuten – bei einer Hitze von 1.600 Grad Celsius zu flüssigem Metall. Die glühende Masse durchläuft im Anschluss eine rigorose Analyse: Chrom, Nickel und Kohlenstoff werden – sofern erforderlich – präzise zugeführt, um den Werkstoff in seiner Qualität zu erneuern. Danach wird die Schmelze wieder in Formen gegossen und ausgeliefert: das zweite Leben des Roststabs beginnt.

Stockholm, Berlin, Wien vertrauen auf Liezen

„In diesem Kreislaufsystem transformieren wir ausgemusterte Materialien zurück in wertvolle Ressourcen, indem wir aus vermeintlichem Altmetall neuen Edelstahl erzeugen. Unser Prozess reduziert die Notwendigkeit, energieaufwendige und ökologisch bedenkliche Rohstoffe wie seltene Erden abzubauen, und demonstriert unser Engagement für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Industrie. Indem wir auf Recycling und intelligentes Ressourcenmanagement setzen, leisten wir einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz und stärken gleichzeitig unsere Wirtschaftlichkeit“, hebt Wilhelm Helpferer, Key Account Manager, hervor. 

Seit etwa 24 Monaten ist das Service am internationalen Markt verfügbar – mit entsprechendem Erfolg: Anlagenbetreiber in ganz Europa nehmen das Angebot bereits in Anspruch, wie etwa Müllverbrennungsanlagen von Hamburg über Berlin bis nach Frankfurt oder Wien. Selbst in Skandinavien – allen voran in Stockholm – wird das Ennstaler Know-how genutzt. Anders ausgedrückt: Kaum eine größere Stadt in Mitteleuropa setzt nicht auf das Know-how aus Liezen.

Unser Ziel ist es, diese zeitversetzt und bedarfsgerecht in unseren Produktionsprozess zurückzuführen.

Wilhelm Helpferer, MFL

Know-how und geografische Lage verhindern Nachahmer

Ein Ende des Liezener Expansionskurses ist zwar nicht in Sicht, Einschränkungen gibt es dennoch, wie Helpferer weiter erklärt: „Wir sind bestrebt, genau die Teile zurückzunehmen, die wir für unsere Produktion benötigen – ein Ansatz, der uns von Entsorgungsunternehmen abhebt. Wir betreiben keinen Handel mit den zurückgenommenen Materialien. Unser Ziel ist es, diese zeitversetzt und bedarfsgerecht in unseren Produktionsprozess zurückzuführen. Dadurch optimieren wir unsere Ressourcennutzung und halten unsere Lagerbestände schlank und effizient.“

Dass sich am internationalen Markt bald Nachahmer finden werden, glaubt der MFL-Zuständige indes nicht: „Einerseits verfügen wir über einzigartiges Know-how in Wiederaufbereitung und auch Logistik, zum anderen ist tatsächlich der geografische Standort der MFL im Zentrum Europas ein großer Vorteil, um die tonnenschweren Roststäbe nicht über zu große Distanzen transportieren zu müssen“, so Helpferer.

Unlängst stellte die MFL das Konzept auf der IFAT, der Weltleitmesse für Umwelttechnologien in München, vor. Die Rückmeldungen des Marktes stimmen die Verantwortlichen jedenfalls optimistisch: „Wir haben hier eine Nische gefunden, in der wir uns langfristig ökonomisch und nachhaltig positionieren können“, erklärt MFL-Geschäftsführer Decker.

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