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Mit Raumfahrt-Know-how: Start-up Nutek sorgt für Echtzeit-Krebsdiagnose

Mit einem Handscanner erkennt das Grazer Start-up Nutek winzige Spuren von Krebszellen noch während der Tumorentfernung. Das Know-how beziehen die Gründer aus der Raumfahrt. Schon 2026 soll die österreichisch-israelische Entwicklung, die im Science Park Graz entwickelt wird, am Markt verfügbar sein.

Dov Cohen weiß, wovon er spricht. Wenn der Gründer des österreichisch-israelischen Start-ups Nutek von seinen zahlreichen Krebsbehandlungen erzählt, erschließt sich die Notwendigkeit seines Produkts innerhalb kürzester Zeit. Der israelische Ingenieur erlebte mehrfach ein Wiederauftreten von Krebs nach Operationen, da Tumorzellen nicht vollumfänglich entfernt wurden.

Ein Problem des aktuellen medizinischen Standards: Erst nachdem die Operation abgeschlossen ist, untersuchen Pathologen die Ränder des resezierten Tumors. Sind die Ränder frei von Krebsgewebe, war die Operation erfolgreich. Findet sich allerdings nach wie vor bösartiges Gewebe an den Resektionsrändern, muss ein neuerlicher Eingriff erfolgen. 

Unser Produkt zielt darauf ab, die Notwendigkeit mehrerer Operationen zu minimieren, indem es potenziell verbliebene Krebszellen in Echtzeit identifiziert.

Dov Cohen, Nutek

„Regenbogensonde“

Dank der Regenbogen-Sonde von Cohens Start-up, das er gemeinsam mit Ofer Braun und Hanoch Kashtan 2019 gründete, soll dies künftig die Ausnahme sein.

Die Regenbogen-Sonde soll bereits 2026 am heimischen Markt verfügbar sein. Noch heuer wird das Produkt an der MedUni Graz in Pilotprojekten eingesetzt. (Foto: Nutek)

„Unser Produkt zielt darauf ab, die Notwendigkeit mehrerer Operationen zu minimieren, indem es potenziell verbliebene Krebszellen in Echtzeit identifiziert. Unser Ziel ist es, die Zahl der wiederholten Operationen aufgrund von Krebsgewebe, das bei der ersten Operation im Körper des Patienten verblieben ist, drastisch zu reduzieren. Dank unserer Entwicklung kann der Chirurg noch vor Abschluss der Operation überprüfen, ob der Tumor vollständig entfernt wurde“, erklärt Cohen.

Dadurch soll nicht nur das Leiden der Patienten gelindert werden, sondern soll auch die Gesundheitssysteme weltweit entlasten: Rund eine Million zusätzliche Operationen könnten laut Cohen weltweit vermieden werden, die „rund zehn Milliarden Dollar an Mehrkosten weltweit“.

Nutek nutzt Know-how aus der Raumfahrt

Technologisch möglich macht dies die Hyperspektralbildgebungstechnologie: Dabei erfasst eine Kamera Bilder bei verschiedenen Wellenlängen, die Informationen über die Blutversorgung und die chemische Zusammensetzung des Gewebes liefern. Krebsgewebe hat dabei oft eine andere Blutversorgung als gesundes Gewebe und zeigt daher unterschiedliche Muster in den Hyperspektralbildern.

„Im Vergleich zu bestehenden Technologien, die nur entferntes Gewebe analysieren, ermöglicht unsere Regenbogensonde die Echtzeituntersuchung im Körper, eliminiert die Notwendigkeit von Patienteninjektionen, führt direkte Gewebescans durch und bietet Chirurgen eine präzise Führung durch Markierungen auf dem Gewebe“, betont Nutek Austria-Geschäftsführerin Esther Mayer.

Das Know-how dafür bezieht das Start-up aus dem Weltraum: Jahrzehntelang arbeitete Co-Gründer Cohen an Satellitentechnik und hochauflösenden Kameras, ehe er das Anwendungspotenzial in der Medizintechnik erkannte. 

Ansiedlung in Graz

Durch den erforderlichen Technologietransfer zwischen den Branchen wurde Nutek auf das Inkubationszentrum der Weltraumagentur ESA, das unter dem Dach des Science Park Graz operiert, in Graz aufmerksam.

Die Regenbogensonde von Nutek hat das Potenzial, chirurgische Verfahren grundlegend zu revolutionieren.

Martin Mössler, Science Park Graz

„Die Regenbogensonde von Nutek hat das Potenzial, chirurgische Verfahren grundlegend zu revolutionieren. Es bietet eine präzise Echtzeit-Erkennung von Krebsgewebe, wodurch die Notwendigkeit für nachfolgende Operationen erheblich verringert wird. Der Transfer von Spitzentechnologie aus der Raumfahrt in den medizinischen Bereich verspricht, die Effizienz chirurgischer Eingriffe zu steigern und die Behandlungskosten zu senken, indem er die Sicherheit und Wirksamkeit von Operationen verbessert. Wir sind stolz, dass es gelungen ist, Nutek in Graz anzusiedeln“, erklärt Martin Mössler, Geschäftsführer des Science Park Graz und ESA Inkubationszentrum (hier mehr zum Science Park Graz erfahren).

Investorensuche

Noch in diesem Jahr soll der vollfunktionsfähige Prototyp, auf dem KI-basierte Algorithmen laufen, in präklinischen in-vivo-Experimenten an der Medizinischen Universität Graz und am israelischen Assuta-Ashdod-Krankenhaus aufgenommen werden.

Bereits 2026 soll der Handscanner auf den Weltmarkt kommen. Zwei Millionen Euro konnte Nutek dafür bereits an Fördermitteln generieren, weiteres Kapital sollen neue Investoren einbringen. Auch strategische Partner für Produktion und Vertrieb werden gesucht. Hier gelangen Sie zur Website von Nutek.

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