Seit Beginn der Pandemie sind die Preise für Rohstoffe unverhältnismäßig gestiegen. Kapazitätsengpässe lassen die Kosten von Kupfer, Holz, Stahl und Baustoffe auf historische Allzeithöchststände zurasen. Die aufkeimende Konjunktur befeuert den Trend weiter. Die steirische Landesinnung für den Bau fordert die Aufhebung der Festpreisbindung.
Die Rohstoffpreise kennen derzeit kein Halten: Das für die Elektrotechnik oder Bauindustrie wichtige Kupfer nimmt etwa aktuell Kurs auf die 10.000 Dollar-Marke – der höchste Preis seit über einem Jahrzehnt. Noch drastischer ist die Situation beim Holz: Für Bretter und Balken werden zwischen 100 und 300 Prozent mehr als noch im abgelaufenen Dezember gelöhnt.
Die Wirtschaft ist schneller wieder angesprungen, als es viele vorhergesehen haben. Auch die vielen Investitionen von Endkonsumenten als Alternative zum entfallenen Urlaub wurden unterschätzt.
Hans-Peter Zefferer, Unternehmensgruppe Zefferer
„Beim Bauholz ist nicht nur die Teuerung von über 250 Prozent dramatisch, sondern vor allem die massive Verknappung“, betont Baumeister Hans-Peter Zefferer, Geschäftsführer des gleichnamigen 130-köpfigen Mariazeller Bauunternehmens. Aus Holz produzierte Baustoffe wie OSB-Platten, aber auch Dachabdichtungen, Dämmstoffe, Leimbinder und teilweise sogar Zement sind kaum oder nur mit langen Lieferzeiten erhältlich.
„Die Wirtschaft ist schneller wieder angesprungen, als es viele vorhergesehen haben. Auch die vielen Investitionen von Endkonsumenten als Alternative zum entfallenen Urlaub wurden unterschätzt“, sagt Zefferer.
Die Bauwirtschaft avancierte im Vorjahr zu einer der tragenden Säulen der Volkswirtschaft. Um die Rohstoffpreisentwicklung nicht zum Hemmschuh der dringend nötigen Konjunktur zu machen, bedarf es einem raschen Entgegenkommen der Politik.
Josef Gasser, stellvertretender Landeisnnungsmeister für den Bau, Steiermark
Forderung nach Anpassungen
Die Mariazeller Herausforderungen seien beispielhaft für die gesamte Branche, erklärt Alexander Pongratz, steirischer Landesinnungsmeister für den Bau: „Die anfängliche Verunsicherung durch Covid hat dazu geführt, dass viele Produktionen sogar stillgelegt wurden. Das rächt sich aktuell. Denn zum einen gab es am Bau trotz Pandemie keinen Auftragseinbruch, zum anderen zieht die Konjunktur extrem am – vor allem in den USA und China.“ Die Folge sei „eine Katastrophe“, was die Rohstoffpreisentwicklung angeht, sagt Pongratz.
Aufhebung der Festpreisbindung
Die Festpreisbindung sei daher aktuelle eine große Belastung für die Bau- bzw. Baunebengewerbe. Auf Bundesinnungsebene wird daher gerade ein Gutachten erstellt, dass eine Aufhebung der Festpreisbindung auch bei kurzfristigen – vor allem öffentlichen und öffentlich subventionierten – Aufträgen überprüft, um Preisanpassungen zu ermöglichen. „Einige Prozent können wir verschmerzen, aber Preisschübe von 300 Prozent sind nicht mehr zuzumuten“, sagt Pongratz. Weiters schlägt der Vorstand der Landesinnung vor, die Ö-Norm nicht an den übergeordneten Baukostenindex zu koppeln, sondern auch einzelne, drastische Preissteigerungen – wie etwa aktuell im Fall von Holz – individuell zu berücksichtigen.
„Bau als Tragende Säule„
Josef Gasser, stellvertretender Landesinnungsmeister, betont: „Die Bauwirtschaft avancierte im Vorjahr zu einer der tragenden Säulen der Volkswirtschaft. Um die Rohstoffpreisentwicklung nicht zum Hemmschuh der dringend nötigen Konjunktur zu machen, bedarf es einem raschen Entgegenkommen der Politik. Anderenfalls drohen die Firmen und damit Arbeitsplätze über „Corona“ hinaus in Mitleidenschaft gezogen zu werden.“
Branchenübergreifende Anstiege
Die Rohstoff-Preisschübe werden branchenübergreifend zum Problem, auch weil die globalen Lieferketten komplex miteinander vernetzt sind. Als Beispiel: Dämmstoffe wie Styrol sind ein Nebenprodukt der Kerosin-Erzeugung. Da zuletzt deutlich weniger Kerosin in der Luftfahrt benötigt wurde, ist Styrol folglich Mangelware. Die Konsequenz: Preiserhöhungen für Dämmstoffe von bis zu 30 Prozent.
Daher ist die Baubranche nicht der einzige Sektor, der unter anziehenden Rohstoff-Kosten leidet: „Die Verfügbarkeiten sind erschreckend. Wir schätzen uns glücklich, dass wir ein Lager mit über 1000 Tonnen haben, die Nachbeschaffung muss aber dennoch sichergestellt sein“, betont Michael Winkelbauer, Geschäftsführer des gleichnamigen Angerer Verarbeiters von härtestem Stahl.
Kein einfaches Unterfangen: „Einige Werke gehen außer Markt, können weder Angebote erstellen, noch Auskunft über Liefertermine geben. Insgesamt verzeichnen wir bei Stahl Preisanstiege im hohen zweistelligen Prozentbereich“, sagt Winkelbauer. Dass Offerte teils „nur mehr am jeweiligen Tag gültig sind, zeigt die hohe Brisanz“, so der Geschäftsführer.
Die Situation ist angespannt, denn eine Weiterverrechnung an unsere zum Großteil internationalen Kunden ist schlichtweg nicht möglich.
Herbert Brunner, Antemo
Auch der Mürztaler Traditionsbetrieb Breitenfeld Edelstahl ortet empfindliche Erhöhungen: „Insbesondere der Schrottpreis ist in den letzten Monaten massiv gestiegen“, erklärt Vertriebsvorstand Jürgen Frank. Selbst über den Wolken gibt es für die Preis-Explosionen derzeit keine Grenzen. Angesichts der besonders langfristigen Vereinbarungen eine große Herausforderungen bestätigt Antemo-CEO Herbert Brunner: „Die Situation ist angespannt, denn eine Weiterverrechnung an unsere zum Großteil internationalen Kunden ist schlichtweg nicht möglich.“ Das bestätigt auch Sabine Dettenweitz, Finanzchefin von Heldeco, obersteirischer Metallverarbeiter für bis zu 30 Tonnen: „Nicht nur die Preise von Grundmaterialien steigen, sondern auch die Kosten für Sonderlegierungen.“
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