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“Steirerkraft”: Tonnenschwere Neuentwicklung “fliegt” über den Acker

Aufgrund von Wetterkapriolen steuert die heimische Kürbisernte auf ein historisch frühes Finale zu: Bei Kürbiskernöl-Weltmarktführer Steirerkraft in der Oststeiermark blickt man dem Ernte-Ergebnis dennoch positiv entgegen. Die Erfolgsfaktoren: Neugezüchtete Kürbissorten trotzen den Witterungsbedingungen, neue Backsaatenkerne bieten vielversprechende Alternativen zu China-Importen – und innovative Technologien ermöglichen die dreifache Erntegeschwindigkeit.

ST. RUPRECHT AN DER RAAB. Im Spätsommer verleihen über 10.000 Hektar der „Grünen Mark“ orange Farbtupfer: Die weitläufigen Felder machen die Steiermark – angesichts von insgesamt hierzulande insgesamt 33.500 Hektar – zum Kürbisland Nummer eins in Österreich. Aber nicht mehr lange: Ein historisch frühes Finale blüht dem Kürbis in diesem Jahr.

Bereits jetzt, Ende September, sind die meisten Kürbisfelder leergeräumt. Dafür verantwortlich zeichnen die stark variierenden Wetterverhältnisse – mit einem niederschlagsreichem Frühjahr, einem sehr heißen Sommer und Wassermassen in den vergangenen Wochen.

Bis zu 4.000 Kilogramm trockene Kerne können pro Stunde mit der tonnenschweren Entwicklung geerntet werden. (Foto: Ascon3)

Trotz der Wetterextreme ist man bei Weltmarktführer Steirerkraft zuversichtlich: „In der Steiermark wurden 20 Prozent der Flächen durch Frühlingsnässe geschädigt, was durch höhere Erträge im Sommer auf den verbleibenden Flächen teilweise ausgeglichen wurde. In der Steiermark gab es aufgrund der Wetterbedingungen eine rasche und gesunde Abreife der Früchte. Wir gehen insgesamt von einer durchschnittlichen Ernte aus, was angesichts der massiven Wetterkapriolen positiv zu bewerten ist“, erklärt Andreas Cretnik, Vorstandsmitglied von Alwera, der Heimat des Premium-Kernöls Steirerkraft.

Vorstandskollege Gerhard Merdonik resümiert: „Dank guter Witterungsbedingungen vor allem während der Reifephase konnten sich die Kerne gut entwickeln. Der Ölgehalt liegt mit durchschnittlich 2,5 Kilogramm pro Liter ganz leicht über dem langjährigen Durchschnitt, was vor allem auf eine Qualität der Früchte hinweist.“

Neuer Backsaatenkern anstelle von China-Importen

Dass Steirerkraft trotz der massiven Wetterschwankungen ein stabiles Ernteergebnis erzielen kann, ist das Ergebnis umfassender Investitionen in Forschung und Entwicklung. In Zusammenarbeit mit der Saatzucht Gleisdorf wurden in den vergangenen Jahren hitze- und fäulnistolerante Kürbissorten gezüchtet, die nun ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellen. „Durch gezielte Kreuzungen und kontinuierliche Testungen streben wir das bestmögliche Ertragsergebnis an“, erklärt Vorstandsmitglied Cretnik.

Setzen auf Technologie und Neuentwicklungen: die Alwera-Vorstandsmitglieder Andreas Cretnik und Gerhard Merdonik (v. l.) (Credit: diemosbachers)

Neu entwickelt ist auch ein spezieller Backsaatenkern, der nach zweijährigem Versuchsanbau nun erstmals in größerem Umfang vermehrt wurde. Dieser für die Backwarenindustrie entwickelte Kürbiskern ist kleiner und heller als die herkömmlichen Sorten und soll künftig als steirische Alternative zu den bisher aus China importierten Kernen dienen. „Bisher hatten wir einen solchen Typ in Europa nicht“, erläutert Merdonik. Er betont: „Der neue Backsaatenkern eignet sich besonders gut für die Verwendung auf Teiglingen, da er, im Gegensatz zu dunkleren Kernen, beim Backen nicht verbrennt und besser auf dem Gebäck haftet. Der erste großflächige Einsatz in der Backindustrie ist bereits für das kommende Jahr geplant.“

Vom Feld in die Flasche: Alwera setzt mit “Steirerkraft” auf innovative Produktionsprozesse. (Foto: Steirerkraft)

Taurus: „Fliegen über den Acker“

Auch auf technologischer Ebene geht Steirerkraft neue Wege: Der Einsatz der neuen Kürbiserntemaschine „Taurus“ von Unternehmensschwester Ascon3 – in Zusammenarbeit mit dem Schärdinger Unternehmen Bangerl – hat Geschwindigkeit und Effizienz der Ernte massiv gesteigert. „Die von uns in Serie produzierte Maschine ermöglicht eine dreifach höhere Erntegeschwindigkeit und deckt größere Flächen ab. Bis zu 4.000 Kilogramm trockene Kerne können pro Stunde geerntet werden“, erklärt Cretnik und schmunzelt: „Damit fliegen wir über den Acker.“

Heißt konkret: Bis zu fünf Hektar können mit „Taurus“ pro Stunde geerntet werden. Möglich werden die hohe Geschwindigkeit durch ein intelligentes Zusammenspiel der unterschiedlichen Prozessschritte gemacht: Die Erntemaschine am Heck ist für die Aufnahme, das Abscheiden und das Dreschen der Kerne zuständig. Über die Trogschnecke landen die Kürbiskerne schließlich im frontseitig angebrachten Korntank.

Aus den Kürbissen werden am Standort in St. Ruprecht an der Raab jährlich 1,1 Millionen Liter Kernöl produziert. (Credit: diemosbachers)

Voraussetzung für die insgesamt 5,5 Tonnen schwere Maschine: ein Traktor ab 250 PS. „Unsere Technologie ermöglicht es den Landwirten, unter Zeitdruck schnell und effizient zu arbeiten, ohne dabei Kompromisse bei der Qualität einzugehen. Insbesondere in Zeiten, in denen die Erntefenster aufgrund von Wetterbedingungen und anderen Faktoren immer enger werden, zeigt sich die Stärke von Taurus“, ist sich Cretnik sicher.

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