Am 24. November wählt die Steiermark einen neuen Landtag. Welchen Stellenwert die politischen Vertreter Start-ups einräumen, darüber wurde aktuell im Unicorn in Graz diskutiert. Auf Einladung von Unicorn-Chef Bernhard Weber sprachen die Vertreter der steirischen Landtagsparteien – ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne, NEOS und KPÖ – offen über Chancen und Herausforderungen für Jungunternehmen in der Region. Über deren Wichtigkeit herrschte Einigkeit. Im Gegensatz zur wirtschaftspolitischen Herangehensweise im Start-up-Umfeld.
Moderatorin Caroline Schober leitete mit der Frage nach dem „Stellenwert von Start-ups“ ein. Für Christian Buchmann (ÖVP) ist die Verbindung von Tradition und Innovation in der steirischen DNA verankert. „Wir spüren aktuell einen rauen Wind in der Wirtschaft“, räumte er ein, doch durch die Kooperation zwischen der Steirischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (SFG) und verschiedenen Akteuren wie den steirischen Kompetenzzentren sieht er die Steiermark bestens aufgestellt. Die F&E-Quote von 5,2 Prozent, eine der höchsten in Europa, sei ein Beweis dafür, wie wichtig Innovation hier sei.
Jakob Schwarz (Grüne) zeichnete ein komplexeres Bild der Start-up-Landschaft, das er mit den wirtschaftlichen Herausforderungen verknüpfte. „Unser Standort ist stark industriell geprägt, die Abhängigkeit von Deutschland ist hoch und die Energie- sowie Lohnkosten sind belastend“, sagte er. Dennoch sieht Schwarz Raum für Neues: „Wenn alte Geschäftsmodelle versagen, ist Platz für Innovation und Start-ups.“ Heißt für ihn konkret: „Der steirische Automotive-Cluster hat große Probleme, aber gerade hier entstehen neue Chancen. Es gibt erhebliches Potenzial für innovative Komponenten und Zulieferungen, die die Zukunft der Automobilindustrie sichern können. Ohne diesen Wandel gefährden wir die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des gesamten Sektors.“
„Unternehmer werden als Verbrecher behandelt“
Während Buchmann die bisherigen Errungenschaften hervorhob, kritisierte Niko Swatek (NEOS) das gesellschaftliche und regulatorische Umfeld, in dem sich Unternehmer oft nicht ausreichend unterstützt fühlen. „Unternehmer werden in Österreich leider oft wie Verbrecher behandelt. Das gesellschaftliche Klima gegenüber Unternehmertum muss sich ändern“, forderte er eindringlich. Der Mangel an Risikokapital und die hohen Lohnnebenkosten sind aus seiner Sicht ebenso problematisch: „Wir brauchen dringend mehr Kapital und stärkere Internationalisierung, um unsere Start-up-Szene konkurrenzfähig zu machen.“
Daniela Katzensteiner (KPÖ) lenkte den Fokus auf den strukturellen Wandel, den die Wirtschaft dringend braucht. „Wir stehen vor der großen Herausforderung, eine wirtschaftliche Transformation anzustoßen“, erklärte sie und plädierte dafür, Steiermark als attraktiven Standort für Fachkräfte aus dem Ausland zu positionieren. Sie sagte: „Es geht darum, dass sich Menschen hier wohlfühlen und bleiben wollen.“
Auch die sozialen und finanziellen Herausforderungen für Gründer wurden angesprochen. Eva-Maria Krosimayr (FPÖ) stellte fest, dass viele talentierte Köpfe auch außerhalb von Graz zu finden seien und in der Region stärker unterstützt werden sollten. Sie betonte die Notwendigkeit von „mehr Planungssicherheit und Finanzierungsinitiativen, besonders in den schwierigen Anfangsjahren.“ Kroismayr plädierte für eine stärkere regionale Vernetzung und den Abbau bürokratischer Hürden, die das Gründen oft erschweren.
Mit einem kritischen Blick auf die konjunkturellen Aussichten meldete sich Wolfgang Moitzi (SPÖ) zu Wort und erklärte, dass Österreich derzeit die schlechteste Wirtschaftsentwicklung in Europa aufweise. „Zum ersten Mal seit dem Ersten Weltkrieg erleben wir zwei Jahre hintereinander eine Rezession“, betonte er. Moitzi stellte klar, dass er keine Kürzungen der Lohnnebenkosten befürwortet, da diese maßgeblich zur Finanzierung sozialer Maßnahmen beitragen: „Wenn wir den Sozialstaat schwächen, verlieren wir die Balance.“
Im Verlauf der Diskussion drehte sich das Gespräch um die internationale Positionierung der Steiermark. Buchmann sah keinen Grund, Sektoren gegeneinander auszuspielen und betonte: „Tourismus hat seinen Wert, ebenso die Industrie.“ Swatek forderte hingegen: „Wir müssen mehr internationale Talente anziehen und dafür auch gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen.“ Er verwies auf Länder wie Schweden, die gezielt in Start-up-Visas investieren, und merkte an, dass Österreich mit seinen engen gesetzlichen Vorgaben hinterherhinke.
Dissens bei 32-Stundenwoche
Ein weiteres kontroverses Thema war die Flexibilisierung der Arbeitszeit. Während Moitzi (SPÖ) die Viertagewoche befürwortete und Katzensteiner (KPÖ) eine 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich forderte, plädierten Swatek (NEOS) und Buchmann (ÖVP) für flexible Lösungen, die sich an den Bedürfnissen der Betriebe orientieren. „Wir brauchen eine Realität, in der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam flexible Modelle finden können“, so Swatek.
Die Podiumsdiskussion machte deutlich, dass Start-ups für die politische Landschaft der Steiermark ein wichtiges Thema sind, jedoch mit unterschiedlichen Ansichten zu den richtigen Rahmenbedingungen. Während ÖVP und NEOS auf Flexibilität und Kapitalstärke setzen, sehen SPÖ und KPÖ stärkeren Regulierungsbedarf und soziale Absicherung als Schlüssel. Die Steiermark steht vor der Frage, wie viel Freiheit für Innovation notwendig ist und inwieweit das regulatorische Umfeld diese fördern oder hemmen soll.